Die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Neurologie und ethische sowie philosophische Fragen, die sich aus diesen ergeben, waren das spannende Thema eines Vortrages für Schüler der Gymnasien Unterföhring, Garching und Ismaning am 12.01.23. Gehalten wurde der Vortrag vom Wissenschaftler und ehemaligen Lehrer des Karolinen- und Ignaz-Günther-Gymnasiums Dr. Franz Hauber in der Aula des ISGYs.
Die Gehirnforschung hat in den letzten Jahrzehnten vergleichsweise unbemerkt riesige Sprünge gemacht. Wie überraschend groß der Fortschritt ist, zeigte sich bereits am Anfang des Vortrages, als die neueste Technik sowie die ersten wegbereitenden Experimente vorgestellt wurden.
Wenn man den Stand der Forschung kurz beschreiben möchte, müsste man sagen, dass die ForscherInnen inzwischen die meisten, aber auch nicht alle Funktionen des Gehirns zuordnen, bis zu einem sehr kleinen Teil verstehen sowie in den letzten Jahren oberflächliche Gedanken und Entscheidungen zum Teil ablesen oder sogar voraussagen können. Es kann nur ein reines Verständnis von 5 % angenommen werden, laut Thomas Südhof, dem Medizinnobelpreisträger von 2013.
Die Mischung aus Monolog, Fragen an das Publikum und zahlreichen Anregungen durch den Inhalt sowie einem, vom Dozenten frisch mitgebrachten, Schweinehirns (siehe unten) gepaart mit Zeitschriften und Büchern zum Reinschnuppern führte zu vielen Themensprüngen und nachdenklichen Momenten.
Ein Highlight des Inhaltes war für uns, dass man durch die Stimulierung verschiedener Bereiche im motorischen Cortex des Gehirns die entsprechende Reaktion des Körpers hervorrufen kann und auf Nachfrage bei dem Probanden, die Antwort bekommt, er hätte das selber so gewollt. Dieses Vortäuschen der Entscheidungsfreiheit ist noch nicht einmal das Fatalste. Herr Dr. Hauber war so begeistert von diesem Experiment, dass er den Versuch am Garchinger Forschungszentrum an sich selbst durchführen ließ. Trotz seines Wissens über die Stimulation war das Ergebnis ein wehrloser Herr Dr., der trotz jeglicher Willensanstrengungen die Bewegung seiner Finger nicht verhindern konnte.
Ein weiteres Thema des Vortrags war das Gedankenlesen. Durch den Einsatz der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRI) und der Elektroenzephalographie (EEG) ist es heute möglich, die Gedanken eines Menschen bis zu einem gewissen Grad zu lesen. Sich wiederholende Muster in den Amplituden der Graphen lassen sich für eine Person zuverlässig Wörtern wie „Stuhl“ oder „Tisch“, aber auch Bewegungen zuordnen. Dies hat Auswirkungen auf Bereiche wie die Neuroprothetik, wo die Gedanken einer Person zur Steuerung von Prothesen verwendet werden könnten.
Was bedeutet das nun alles für unser Menschenbild? Der Wahrnehmung, dass ein Mensch eine Art Dualismus hat, mit Seele und Gehirn als zwei separaten Wesen, kann mit großer Sicherheit widersprochen werden. Man sollte das Bewusstsein eher als eine Art Netzeigenschaften, wie die eines Computers betrachten. Außerdem müssen noch viele ethische Fragen geklärt werden sowohl über das Risiko von gewissen Erfindungen als auch, was dies jetzt im Kontext einer Religion heißen könnte. Als kleine Anregung möchte ich zum Schluss fragen: „Kann man jemanden verurteilen, der keine Willensfreiheit hat?“
Benno Kuhn, 10c
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