Adolf Frankl – Visionen aus dem Inferno

„Es war schön, die Bilder zu sehen.“
(Schülerin, 9. Klasse)
„Im Ernst?“

Am Freitag zeigten wir in einer kleinen Ausstellung vor interessierten Schülerinnen und Schülern der 9. Klassen die Bilder des Künstlers und Holocaust-Überlebenden Adolf Frankl: „Visionen aus dem Inferno.“ Die dargestellten Inhalte gaben Einblicke in grausame Verfolgung, Gewalt und Tod. Wieso fiel hier das Wort „Schön“? Der Künstler Adolf Frankl, geboren 1903 in Bratislava, 1944 nach Auschwitz deportiert, gab seinen schlimmen Erinnerungen in Gemälden, Zeichnungen und Grafiken bildliche Gestalt. Seine Bilder waren vor acht Jahren hier in München – und früher in vielen anderen Städten der Welt zu sehen.

Sein 1947 geborener Sohn Jan Frankl erzählte 2019 vor Schülern des ISGY von seinen „Erlebnissen mit Papa“, diesmal konnte er die Ausstellung nur von Ferne begleiten. Wie ein Magnet lösten die Bilder Fragen aus: Wie kann man „so etwas“ darstellen? Was bewirkt das Darstellen? Was unterscheidet ein zum Ausdruck gekommenes Trauma von einem im Unbewussten wühlendes Trauma? Was erreicht der Maler bei sich? Beim Publikum? Was ist unmittelbares Schreien im Bild, was das distanziert eingesetzte, künstlerische Mittel? Unterscheiden sich diese beiden Sichtweisen?

Alle diese Fragen wurden gestellt, man tastete sich an sie heran und vermutete Antworten beziehungsweise verblieb beim Fragen. Das Wort Resilienz kam ins Spiel, die Kraft, Hürden zu meistern, anstatt vor ihnen zurückzuweichen. Biografische Details des Malers wurden erwähnt und mitgeteilt. Jan Frankl, der 1947 geborene Sohn des Malers Adolf Frankl erzählte mir von seinen Begegnungen, seinem gemeinsamen Leben mit dem Vater. (Ich konnte das hier den Schülern weitergeben.) Er erinnerte sich an seine Besessenheit im Malen, an sein 7 qm kleines Atelier, das sich hinter einer verborgenen Tür versteckte. An seine schlaflos durchwachten Nächte, an seine Albträume und seinen vielen Zigaretten. Er erzählte von seiner Familie, von seinen mageren Bildverkäufen und seinen Gängen ins berühmte Kaffeehaus Havelka von Wien.

Adolf Frankl malte. Er hatte nach seinem dreimonatigen Zwangsaufenthalt in Ausschwitz und seinem geradezu wunderbar erstrittenen Überleben das zweite Wunder erlebt, seine ganze Familie unversehrt wiederzufinden. Der Vater war trotz der erlittenen Grausamkeiten liebenswürdig. Immer wieder gelang es ihm zu leben, unterstützt von seiner Frau, die den Familienunterhalt bestritt. Er hatte Humor. Beim Erkunden der Bilder konnten wir Geheimnisse ihres schöpferischen Entstehens erahnen, die Einsicht in die vitale, kreative Selbstbehauptung dieses Malers inmitten des Sturms der erlittenen, fürchterlichen Grausamkeiten…

Nicht die in den Bildern dargestellten Grausamkeiten waren schön, wirklich nicht!, aber unser gemeinsames Ansehen, unser Entdecken der schlimmen, aber eben auch schöpferisch-kreativen Hintergründe. Das war unser Arbeiten, ermöglicht durch die Bilder von Adolf Frankl – und diese Arbeit war schön. Siehe auch: https://adolf-frankl.com/start/

„Mit meinen Werken habe ich allen Völkern dieser Welt ein Mahnmal gesetzt.
Es soll niemandem, egal welcher Religion, Rasse oder politischen Anschauung,
dieses – oder Ähnliches – widerfahren!‟
Adolf Frankl (Künstler und Holocaust-Überlebender)

Wi Bg